Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Deutsch kann manchmal eine seltsame und verrückte Sprache sein. Es gibt tausende und abertausende Sprichwörter und Redewendungen im Deutschen. Redewendungen wie Jemandem auf den Keks gehen, nur Bahnhof verstehen oder Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Und wie sieht es in den verschiedenen Regionen und in den verschiedenen deutschsprachigen Ländern aus? Nutzen Münchner und Hamburger oder gar unsere Nachbarn aus Österreich und der Schweiz ein und dieselben Redewendungen? Lassen Sie uns gemeinsam ein wenig über den Tellerrand schauen! Die circa 100 Millionen Deutsch-Muttersprachler sind vor allem in Europa aber auch im Rest der Welt zuhause und es ist klar, dass nicht alle auf dieselbe Art und Weise sprechen. Aber warum ist das so? Deutsch bleibt Deutsch, wo auch immer Sie gerade sind? Natürlich nicht. Immer wenn sich Menschen in verschiedenen Teilen der Welt niedergelassen haben, ausgewandert, eingewandert oder gereist sind, hatten sie ihre Sprache im Gepäck. Mit der Zeit und über die Entfernung haben sich so aus einer einstmals einheitlichen Art zu sprechen viele verschiedene Arten entwickelt. Zwar sind die Grundlagen immer noch die gleichen, doch die Sprachen selbst haben sich zusammen mit den Menschen, die sie sprechen, weiterentwickelt. Denn Sprachen sind lebendig und wir alle erfüllen sie mit Leben. „Es geht nicht um Sprachen, sondern um Kulturen: die Art, wie Menschen interagieren, kommunizieren und die Welt sehen.“ Ich verrate Ihnen noch ein Geheimnis: Sprachen bestehen nicht wirklich aus Wörtern. Ehrlich. Sie denken das vielleicht. Schließlich mussten Sie ihr ganzes Leben lang Wörterbücher, Wortschatzsammlungen, Lexika und Lehrbücher benutzen und diese Bücher sind voll mit – na klar – Wörtern. Doch all diese Wörter haben keinerlei Bedeutung ohne ihren Kontext. Und der Kontext wird aus unseren kollektiven Erfahrungen, unseren Werte- und Glaubenssystemen sowie unserer Geschichte gespeist. All das macht eine Sprache aus. Wahrscheinlich hat es Manuela Noske, Kommunikationsmanagerin bei der Globalization and Localization Association (GALA) auf den Punkt getroffen: „Es geht nicht um Sprachen, sondern um Kulturen: die Art, wie Menschen interagieren, kommunizieren und die Welt sehen …“ Stellen Sie sich also eine Sprache immer als ein Fenster in unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und nicht zuletzt in die von uns erwartete Zukunft vor. Natürlich kann sich ein deutscher Muttersprachler aus Flensburg recht normal mit einem Wiener unterhalten, doch es werden sich zahlreiche feine und manchmal auch riesengroße Unterschiede offenbaren, die die Einzigartigkeit der beiden Sprachvarianten aufzeigen. Und warum ist das so? Das Lebensgefühl im Norden ist natürlich völlig verschieden von dem in der Donaustadt. Und so unterscheidet sich auch die Sprache. Unsere kollektiven Erfahrungen prägen unsere Sicht auf die Welt und den Platz, an dem wir uns darin sehen. In jedem Teil der Welt kommuniziert man auf unterschiedliche Weise über Glauben, Nationalgefühl, Geschichte, Ängste, Humor und ganz alltägliche Situationen. Sogar das Wetter hat einen großen Einfluss auf unsere ganz eigene Art zu sprechen. So spricht man an der Nordsee gern mal von Schietwetter oder Fieselregen und im Süden vielleicht eher vom Alpenföhn. Doch trotz all dieser kulturellen und sprachlichen Unterschiede verstehen sich die meisten Deutsch-Muttersprachler gegenseitig recht gut, solange sie sich ein wenig Mühe geben. Doch wie sieht es aus, wenn das Gegenüber kein Deutsch spricht? Wie übertragen wir unsere einzigartigen Redewendungen und unsere ganz eigene Weltsicht, um sie mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen, zu teilen? An dieser Stelle betreten erfahrene menschliche Übersetzer das Spielfeld. Solange unsere Sprache menschlich ist, wird es auch einen Bedarf für menschliche Übersetzer geben Natürlich gibt es innerhalb einer Sprache viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen. So sprechen etwa Sizilianer anders als Italiener vom Festland, französischsprachige Kanadier anders als Pariser und Weißrussisch unterscheidet sich von der russischen Sprache. Denn wie bereits erwähnt hat jede Region ihre eigenen Sichtweisen auf ihre Mitmenschen und die Welt und nicht zuletzt ihre eigene Art sich auszudrücken. Übersehen wir angesichts des verstärkten Trends zu maschineller Übersetzung (MÜ) und CAT-Tools (Computer Assisted Translation) den menschlichen Faktor, der seit Jahrtausenden in unseren Sprachen festgeschrieben ist? Vergessen wir damit die subtilen Nuancen, die unseren Sprachen innewohnen, und nicht zuletzt die Gefühle, die sie so eloquent ausdrücken können? In einem Satz: Bleibt das Menschliche in unserer Sprache auf der Strecke? Einige meinen, dass es weder MÜ noch CAT-Tools schaffen können, den menschlichen Aspekt von Sprache zu übersetzen. Andere behaupten, dass es Platz für beides gibt. Die Argumente für MÜ – alles Wunschdenken? Natürlich hat MÜ ihre Vorteile. Sie ist relativ schnell, billiger und fast immer sofort einsatzbereit. Doch maschinelle Übersetzungen sind nicht menschlich und schon das allein kann die Rahmenbedingungen auf den Kopf stellen. Da MÜ weder Nuancen und subtilen Feinheiten noch die Absicht hinter dem gesagten verstehen kann, sorgt sie für mehr Ungenauigkeiten, Inkonsistenzen und sogar unverständliche Übersetzungen. Lassen Sie sich überzeugen: Das menschliche Element in der Sprache Neue Technologien sind in aller Munde. Sie sparen Unternehmen Zeit und Geld – und das ist manchmal schon alles, was zählt. Maschinell unterstützte Übersetzung kann je nach Ausgangstext sogar die beste Alternative sein. Aber Vorsicht vor Übersetzungen, die jeden menschlichen „Touch“ vermissen lassen. Sie könnten sich als bloße Aneinanderreihung von Wörtern ohne Mitgefühl, Demut, Sympathie, Großzügigkeit und Solidarität erweisen – und damit eine gänzlich falsche Nachricht aussenden. Wenn der menschliche Aspekt einer Übersetzung komplett außen vor bleibt und durch eine Maschine ersetzt wird, bleiben manchmal nur nackte Wörter übrig.
SPRACHDIENSTLEISTER VERKAUFEN KEINE ÜBERSETZUNGEN
Es ist Zeit, etwas klarzustellen: Sprachdienstleister (oder LSPs nach der englischen Bezeichnung Language Service Provider) verkaufen keine Übersetzungen. Vielmehr kümmern Sie sich um Lieferantenmanagement, Projektmanagement und Vertrieb. Das mag überraschend klingen. Warum sollte man dann einen Sprachdienstleister mit Übersetzungen beauftragen, wenn das noch nicht einmal seine Kernkompetenz ist? Die Antwort ist einfach: Die Branche ist so strukturiert, dass die LSPs in ihrer Eigenschaft als Vermittler einen echten Mehrwert schaffen. In den letzten Jahrzehnten ließ sich eine Entwicklung von kleinen regionalen Übersetzungsagenturen hin zu großen multinationalen Sprachdienstleistern beobachten (so genannte Massive Multiple Language Services Provider oder MMLSPs). Ganz wie bei der Entstehung der Dinosaurier zu Beginn des Erdmittelalters passierte das nicht über Nacht. Evolution geschieht nicht im luftleeren Raum. Vielmehr wird sie durch Änderungen der Umgebungsbedingungen angetrieben. Die Evolution von einzelnen Freelancern, die Sprachdienstleistungen erbringen, hin zu MMLSPs wurde durch die sich ändernden Bedürfnisse der Kunden und weitere externe Markteinflüsse angetrieben. In unserem Beispiel stellen MMLSP das hochentwickelte Endresultat des Prozesses dar, wobei aber keiner der einzelnen Player in der Branche weniger wichtig ist. Auf den ersten Blick scheinen diese großen Unternehmen an der Spitze der Nahrungskette zu stehen; in Wirklichkeit handelt es sich aber um nur einen von vielen Playern in einem empfindlichen Ökosystem, das stark von anderen Marktteilnehmern abhängig ist.
MACHT UNS BITTE NICHTS VOR
Ich bin inzwischen seit einer ganzen Weile im Bereich Sprachdienstleistungen tätig und dachte daher, dass ich bereits alle am Markt vertretenen Translation-Memory-Systeme gut kenne. Eine Zeit lang lag ich damit auch richtig. Doch inzwischen scheint fast wöchentlich ein neuer Anbieter für Sprachtechnologie aufzutauchen. Das sind gute Neuigkeiten für die Branche, da wirkliche Innovationen in diesem Bereich seit langem überfällig sind. Dabei ist es nicht immer leicht, stets auf dem aktuellen Stand der Technologie zu bleiben. Manchmal fühle ich mich wie ein alter Mann im Schaukelstuhl, der über die ganzen neumodischen Entwicklungen nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Höre ich da einige Lacher? Ich bin mir sicher, dass das einige von Ihnen nachempfinden können! Jedes Mal, wenn ich Facebook öffne (vom Sprung zu Snapchat möchte ich gar nicht anfangen …), bekomme ich die Anzeige eines bestimmten Übersetzungsunternehmens angezeigt, von dem ich vorher noch nie gehört habe. Und wenn ich „jedes Mal“ sage, ist das keine Übertreibung. Es handelt sich um eine wirklich aggressive Werbekampagne. Die Anzeige ist mir sogar auf anderen Seiten begegnet und in Bannern und Pop-ups aufgetaucht, während ich einfach ein wenig gesurft habe. Sie verfolgt mich buchstäblich. Es hört nicht auf. Ich möchte nur in Ruhe den neuesten Star Wars Trailer schauen, doch diese blöde Anzeige lässt nicht locker. So habe ich dem Druck schließlich nachgegeben (ja, am Ende tue ich meist doch, was Facebook mir sagt) und auf die Anzeige geklickt. Ich wollte wissen, worum es dabei ging. Die Website sieht gut aus. Es wird detailliert erklärt, wie die neue innovative Plattform Features wie eine „integrierte Rechtschreibprüfung“ und so genannte „Translation Memorys“ bereitstellt. Wenn ich ganz ehrlich bin: Wäre ich jemand anderes (mit weniger Erfahrungen in der Branche), würde dieses Produkt einen verdammt guten Eindruck auf mich machen. Aber ich bin nicht jemand anderes. Ich bin ich. Ich habe vielleicht 10 Minuten gebraucht, um zu bemerken, dass es sich noch nicht einmal um ein neues Übersetzungsunternehmen handelt. Die Anzeige warb in Wirklichkeit für eine Plattform für maschinelle Übersetzung. Ah, ok! Warum nicht? Maschinelle Übersetzung ist großartig! Aber… Was mich misstrauisch machte war, wie lange ich brauchte, um zu bemerken, dass keine menschlichen Übersetzer beteiligt sind. Den Inhalten der Website nach zu urteilen, könnte jeder unerfahrene (durchaus halbwegs intelligente) Kunde leicht zu dem Schluss kommen, dass hier menschliche Übersetzungen angeboten werden. Tatsächlich beschäftigen sich im Allgemeinen nur wenige Kunden mit dem Unterschied zwischen maschineller und menschlicher Übersetzung – genau genommen erst dann, wenn schlechte Übersetzungen ihre internationalen Kunden zur Weißglut treiben. Schließlich habe ich begonnen, mir die beworbenen Funktionalitäten dieser Plattform etwas genauer anzusehen. Hier nur einige davon: Automatische Formatierung übersetzter Dokumente Was dahintersteckt: Nein. Nein, sie werden nicht automatisch (von Zauberhand) formatiert. Diese schamlose Irreführung (wenn nicht gar glatte Lüge) finde ich verstörend. Wenn man die Werbevideos auf YouTube an der richtigen Stelle pausiert, kann man deutlich zusätzliche Zeilenumbrüche und fehlende Leerzeichen nach Satzzeichen in den gezeigten Übersetzungen erkennen. Beachten Sie, dass ich nicht extra danach gesucht habe. Ich habe mir nur ein Video angesehen, das eigentlich zeigen sollte, wie toll das Produkt doch arbeitet. Selbstlernende [maschinelle] Übersetzung Was dahintersteckt: Hier geht es um trainierbare Engines für die maschinelle Übersetzung (MÜ). Allerdings findet sich kein Hinweis darauf, dass natürlich menschliche Übersetzer für das Post-Editing benötigt werden. Die Website vermittelte den Eindruck, als handele es sich um ein Kinderspiel. Dabei wissen wir alle, dass es menschliche Übersetzer braucht, um eine MÜ-Engine zu trainieren. In neun von zehn Fällen werden Sie dafür einen Sprachdienstleister beauftragen. Jeder Sprachdienstleister, der etwas auf sich hält, wird dabei bereits seine eigenen Prozesse zum Training und zur Wartung von MÜ-Engines entwickelt haben, die es ihm erlauben, effizient zu arbeiten. In diesem Fall aber werden Sie den Dienstleister dazu bringen müssen, mit einem Tool zu arbeiten, von dem er noch nie gehört hat. Viel Spaß dabei. „Innovative“ Translation Memorys Was dahintersteckt: Wirklich? Translation Memorys? Innovativ? Befinden wir uns im Jahr 1993? Ich brauche das nicht weiter kommentieren. Es macht mich sprachlos … Ich könnte noch weitermachen, aber ich belasse es bei diesen Beispielen. Ich denke, ich habe genug Informationen zusammengetragen, um ein Urteil zu fällen. Und wie lautet mein Urteil? Nun, mein Urteil lautet, dass das Tool eigentlich einen ganz guten Eindruck macht. Das System bietet selbstlernende maschinelle Übersetzungstechnologie im Abomodell zusammen mit einer Übersetzungsumgebung (CAT-Tool) und einigen grundlegenden Qualitätssicherungswerkzeugen wie einer Rechtschreibprüfung. Der Abschluss eines Abonnementvertrags (zu einem vernünftigen Preis) ermöglicht weiterhin den Zugang zu den APIs des Herstellers, sodass sich das System nahtlos in existierende Workflows integrieren lässt. Die Plattform sieht gut aus. Nichts, was die Übersetzungsbranche revolutionieren würde, aber trotzdem ganz nett. Da es sich um ein neues Unternehmen handelt, sind vielleicht noch nicht sämtliche Features verfügbar, aber ok, jeder muss schließlich irgendwo anfangen. Ich freue mich über neue Player am Markt für Übersetzungstechnologien, da es in diesem Bereich leider schon lange keine echten Innovationen mehr gab. Vielleicht braucht es ja nur ein wenig Wettbewerb von neuen Marktteilnehmern wie diesem, um neue Innovationen anzuregen. Was mir allerdings nicht gefällt, ist ein Trend, den ich nicht nur bei diesem nicht genannten Unternehmen, sondern bei vielen Startups in der Branche beobachte. Es handelt sich um diese neue Botschaft, dass Übersetzung automatisierbar und kinderleicht sei. Das ist einfach falsch. Wenn sie richtig gemacht wird, ist Übersetzung ein komplexer und manchmal sogar chaotischer Prozess. Das ist freilich heutzutage keine besonders populäre Meinung – vor allem wenn man auf der Seite der Lieferanten (Sprachdienstleister) steht. Einkäufer von Sprachdienstleistungen wussten eigentlich immer, dass Übersetzung komplex ist. Denn schließlich ist das der Hauptgrund, aus dem Sie die Dienstleister überhaupt beauftragt haben: um von ihrer Expertise zu profitieren und das „Kopfzerbrechen“ auszulagern. Als Mitarbeiter von Sprachdienstleistern war meine Argumentationslinie für den Vertrieb immer wie folgt aufgebaut: Übersetzung ist komplex. Wir können Sie dabei unterstützen. Heute komme ich nicht mehr über das Wort „komplex“ hinaus, da die Kunden nicht hören wollen, wie schwierig etwas ist. Und warum sollten sie auch? Schließlich haben ihnen zahlreiche Marketingkampagnen eingebläut, dass Übersetzung einfach ist. Sie sehen dieselben Facebook-Anzeigen und YouTube-Videos wie ich und all diese Marketingmaterialien haben